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Rechtsanwalt

Sonntag, 6. Oktober 2013

Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen sind nichts wert

Ein Darlehen, das ein Gesellschafter seiner Gesellschaft gewährt hat, darf diese grundsätzlich auch wieder zurückzahlen. Wird nach der Rückzahlung allerdings innerhalb eines Jahres ein (begründeter) Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft gestellt, muß der Gesellschafter dem Insolvenzverwalter diesen Rückzahlungsbetrag wieder zur Verfügung stellen: Die Darlehensrückzahlung ist nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar.

Schafft der Gesellschafter es hingegen, den Insolvenzantrag bis zum Ablauf der Jahresfrist hinauszuzögern, kann er das Geld behalten.

Anders ist es hingegen, wenn der Gesellschafter sich zur Sicherung seines Darlehensrückzahlungsanspruchs eine Forderung seiner Gesellschaft gegen einen Dritten hatte abtreten lassen: Zahlt der Drittschuldner an den Gesellschafter, ist der Gesellschafter erst dann vor einer Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO sicher, wenn nach dieser Zahlung zehn Jahre (!) lang kein (begründeter) Insolvenzantrag über das Vermögen seiner Gesellschaft gestellt wird. Das hat der BGH jüngst in seinem Urteil vom 18.7.2013, Az. IX ZR 219/11, entschieden.

Das Urteil wird in der Literatur scharf kritisiert, und aus meiner Sicht auch zu recht. Unabhängig davon ist es aber jedenfalls ein verbreiteter Irrglaube, im Insolvenzfall verliere der Gesellschafter einer GmbH nur seine Stammeinlage. Praktisch nicht anders behandelt werden (nahezu) alle finanziellen Mittel, die der Gesellschafter der Gesellschaft entweder selbst zur Verfügung stellt oder – gegen Gewährung von Sicherheiten – durch Dritte zur Verfügung stellen läßt. Man kann es bewußte Irreführung nennen, wenn durch die Einführung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) der Eindruck erweckt wird, man könne eine Kapitalgesellschaft mit weniger Stammkapital als früher gründen, wenn gleichzeitig angeordnet wird, daß alle Gesellschafterdarlehen und vergleichbaren Finanzierungsleistungen im Insolvenzfall kaum anders als Stammkapital behandelt werden.

© 2013 Thore Jensen

Freitag, 26. Juli 2013

Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz

Wenn ein Gesellschafter seiner GmbH ein Darlehen gewährt hat und über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, ist sein Darlehensrückzahlungsanspruch in der Regel nachrangig. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung und Bekämpfung von Missbräuchen im GmbH-Recht (MoMiG) gilt das ganz unabhängig davon, ob das Darlehen erst in der Unternehmenskrise gewährt oder stehengelassen worden ist. Gesellschafterdarlehen werden im Insolvenzverfahren bei der Verteilung daher nur in dem äußerst seltenen Fall berücksichtigt, daß sämtliche normalen Verbindlichkeiten vollständig gedeckt sind. 

Scheidet der Gesellschafter, der der GmbH das Darlehen gewährt hat, aus der Gesellschaft aus, z.B. dadurch, daß er seinen Geschäftsanteil veräußert, ändert sich zunächst nichts daran, daß sein Darlehensrückzahlungsanspruch im Insolvenzfall nur nachrangig zu befriedigen ist. „Zunächst“ heißt: für die Dauer von einem Jahr. Liegt zwischen der Veräußerung des Geschäftsanteils und dem (begründeten) Insolvenzantrag mehr als ein Jahr, ist das Darlehen eine normale Insolvenzforderung, die auf einer Rangstufe mit den Ansprüchen von Lieferanten usw. zu berücksichtigen ist (siehe hierzu: BGH, Beschl. v. 15.11.2011 – II ZR 6/11).

Zahlt die Gesellschaft ein Gesellschafterdarlehen zurück und wird dann innerhalb eines Jahres die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt, kann der Insolvenzverwalter diesen Betrag vom Gesellschafter zurückverlangen.

In einem vom BGH am 21.02.2013 entschiedenen Fall (Az. IX ZR 32/12) hatte ein Gesellschafter diese Konsequenz dadurch zu vermeiden versucht, daß er seine Darlehensforderung von rund 500.000,- € für 375.000,- € an einen Nichtgesellschafter verkaufte, an den die Gesellschaft sodann diesen Betrag zurückzahlte, bevor die Gesellschaft kurz darauf in die Insolvenz ging. Der Plan ging jedoch nicht auf: Der BGH entschied, daß der Insolvenzverwalter nicht nur von dem Erwerber der Darlehensforderung, an den die Darlehensrückzahlung erfolgt war, sondern daneben auch von dem Gesellschafter die Rückerstattung der 500.000,- € verlangen könne. Der Gesellschafter hafte als Gesamtschuldner.

© 2013 Thore Jensen

Freitag, 24. Mai 2013

Es formiert sich Widerstand gegen die BGH-Rechtsprechung zur Vorsatzanfechtung

Grund dazu besteht jedenfalls: Seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung 1999 hat der BGH den Anwendungsbereich der Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung gem. § 133 Abs. 1 InsO immer weiter ausgedehnt. Von ihr betroffen sind auch vollkommen redliche Vertragspartner des späteren Insolvenzschuldners, die von diesem nichts weiter erhalten haben als das, worauf sie einen vertraglichen Anspruch hatten (sog. kongruente Deckungen). Die Tatbestandsmerkmale des § 133 Abs. 1 InsO werden vom BGH so ausgelegt, daß für die Anfechtbarkeit einer vom Schuldner geleisteten Zahlung praktisch nur erforderlich ist, daß der Empfänger des Geldes wußte, daß seinem Schuldner die Zahlungsunfähigkeit droht.

Wer Geld von seinem Vertragspartner erhält und dabei weiß, daß es diesem finanziell schlecht geht, muß nach der BGH-Rechtsprechung damit rechnen, daß er es an den Insolvenzverwalter zurückzahlen muß, falls innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren (!) ein begründeter Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögens seines Schuldners gestellt wird.

Für die Geltendmachung dieses Anfechtungsanspruchs gilt eine Verjährungsfrist von mindestens drei Jahren, beginnend mit dem Schluß des Jahres, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Verjährungsfrist kann nach § 146 Abs. 1 InsO i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 und 4 BGB aber bis zu zehn Jahre betragen.

Theoretisch können zwischen dem Erhalt des Rechnungsbetrags und der Erhebung der Insolvenzanfechtungsklage gut 20 Jahre liegen! – Unternehmen ist zu empfehlen, Rückstellungen zu bilden.

In einem in Heft 20/2013 der ZInsO veröffentlichten Aufsatz hat Ulrich Foerste, ordentlicher Professor an der Universität Osnabrück, diese Ausdehnung der Vorsatzanfechtung und die damit verbundene Abschaffung des Vertrauensschutzes zugunsten der Zahlungsempfänger als ein “rechtsstaatliches Problem” bezeichnet: Die Rechtsprechung des BGH zur Vorsatzanfechtung sei keine Gesetzesauslegung, sondern Normsetzung, und zwar gegen den Gesetzgeber, der für gewöhnliche Schuldtilgungen in § 130 InsO eine Anfechtungsfrist von maximal drei Monaten bestimmt habe.

Von mir wird voraussichtlich in Heft 11/2013 der NZI (Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung) ein Aufsatz erscheinen, in dem ich darlege, auf welche Fälle der Anwendungsbereich der Vorsatzanfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO m.E. richtigerweise beschränkt ist.*

© 2013 Thore Jensen

* “Stufenverhältnis” zwischen §§ 130, 131 InsO und §·133 InsO?, NZI 2013 (Heft 11 vom 6. Juni 2013), Seite 471.

Sonntag, 13. Januar 2013

Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

Mit Wirkung zum 1. Januar 2013 ist das Zwangsvollstreckungsrecht sehr umfangreich geändert worden (Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29.7.2009, BGBl. I, S. 2258 ff., BT-Drs. 16/10069, S. 20). Neu ist u.a., daß ein Gläubiger jetzt schon zu Beginn der Zwangsvollstreckung von seinem Schuldner eine Vermögensauskunft (eidesstattliche Versicherung) verlangen kann. Unter bestimmten Voraussetzungen können Gläubiger über den Gerichtsvollzieher u.a. beim Träger der gesetzlichen Rentenversicherung einen Arbeitgeber des Schuldners ermitteln oder beim Bundeszentralamt für Steuern Kontoinformationen zu seinem Schuldner einholen. Ein solches Vorgehen empfiehlt sich, wenn der Gläubiger keine Informationen zu Vermögen und Einkommen seines Schuldners hat.