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Rechtsanwalt

Sonntag, 24. Juli 2011

Halbstarke vorläufige Insolvenzverwalter und unbefriedigte Gläubigerinnen

Wer bei Google „Befriedigung mit Gegenständen“ sucht, der will wahrscheinlich nicht auf der Seite eines Rechtsanwalts landen. Wer hingegen die Insolvenzordnung aufschlägt, der wird nicht enttäuscht sein, daß in deren drittem Abschnitt des zweiten Teils nicht zwischen männlichen und weiblichen unterschieden wird, wenn dort die „Organe der Gläubiger“ beschrieben werden: Er wird es für selbstverständlich halten, daß diese Organe bei Männern und Frauen und juristischen Personen gleich aussehen, daß es also unerheblich ist, welches natürliche oder grammatische Geschlecht diejenigen haben, die der Schuldner nicht befriedigt hat. Wer sich als Insolvenzrechts-Anwalt Gedanken über sinnvolle Suchmaschinenoptimierung macht, der wird besser nicht schreiben, daß die Insolvenzordnung absonderliche Praktiken der Befriedigung kennt und was bestimmte Gläubiger alles aussondern oder absondern können. Er wird es auf seiner Website anders ausdrücken, wenn er erwähnen will, daß absonderungsberechtigte Gläubiger sich aus unbeweglichen Gegenständen unter Umständen sozusagen selbst befriedigen dürfen und daß ungesicherte Gläubiger ihnen dabei zusehen müssen. Leider wissen Googles Computer nicht, daß Worte je nach Zusammenhang ganz unterschiedliche Bedeutungen haben können. Wer sich Sorgen macht, weil seine unbezahlten Forderungen anschwellen, wird in dem Moment keine Lust haben, bizarre Sex-Angebote unterbreitet zu bekommen. Ich hoffe deshalb auch auf die Nachsicht derer, die auf meiner Website gelandet sind, obwohl sie körperliche Befriedigung und nicht Befriedigung wegen ihrer Forderungen suchen.
Thore Jensen

Montag, 18. Juli 2011

Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital – Debt-Equity-Swaps

Das geplante Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) will u.a. Debt-Equity-Swaps erleichtern. Gläubiger sollen also (leichter) ihre Forderungen gegen eine Beteiligung am Kapital des Schuldners eintauschen und damit vom Gläubiger zum Gesellschafter werden können. Ob die beabsichtigte Änderung der gesetzlichen Regelungen nötig ist, um die Rückständigkeit des deutschen Gesellschafts- und Insolvenzrechts gegenüber dem englischen Recht zu beseitigen, sei mal dahingestellt. Richtig ist, daß Debt-Equity-Swaps gegenwärtig nicht so einfach sind:

Hat ein Gläubiger eine Forderung gegen eine Kommanditgesellschaft (sei es eine KG oder GmbH & Co. KG), die diese wegen Zahlungsschwierigkeiten nicht begleichen kann, dann mag im Einzelfall der Gedanke nicht fernliegen, die Forderung in eine Kommanditbeteiligung umzuwandeln. Sich im Tausch gegen die Forderung einfach eine Kommanditbeteiligung im Nominalwert der Forderung einräumen zu lassen, ist aber keine gute Idee. Wenn der Gläubiger sich darauf einläßt, sollte er damit rechnen, für dieses Geschäft sehr viel Lehrgeld zahlen zu müssen.

Auch wenn der Schuldner eine GmbH ist, kann die Forderung nicht einfach in einen Geschäftsanteil in Höhe des Betrags der Forderung umgewandelt werden. Der Grund dafür liegt darin, daß die Forderung wegen der Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners nicht werthaltig ist. Schließlich denkt ein Gläubiger gewöhnlich nicht darüber nach, ob er Gesellschafter seines Schuldners werden möchte, wenn der seine Verbindlichkeiten begleichen kann.

Man ist auch gut beraten, beizeiten die Rechnung mit dem Finanzamt zu machen: Wenn der Schuldner im Zuge eines Debt-Equity-Swaps einen Teil seiner Verbindlichkeiten los wird, dann erzielt er damit einen Sanierungsgewinn, auf den u.U. sowohl Körperschafts- als auch Gewerbesteuer zu zahlen sind. (Finanzämter können die Körperschaftssteuer auf Sanierungsgewinne lediglich aus Billigkeitsgründen stunden oder erlassen.) Den Gläubiger als neuen Gesellschafter an der GmbH zu beteiligen, kann für diese außerdem bedeuten, daß sie nach § 8c KStG ihre Verlustvorträge ganz oder zum Teil verliert. So kann der Vorteil der mit dem Debt-Equity-Swap herbeigeführten Kapitalerhöhung schnell wieder verloren gehen.

Man darf gespannt sein, welche Änderungen das ESUG in bezug auf Debt-Equity-Swaps bringen wird, welche Änderungen es überhaupt bringen kann. In jedem Fall kann festgehalten werden, daß es sich für Gläubiger schon immer empfohlen hat, auf der Hut zu sein.

© 2011 Thore Jensen

Montag, 4. Juli 2011

Update: Vorsicht bei Gewährung von Sicherheiten für Gesellschaftsschulden!

In Ergänzung zu meinem Beitrag vom 30. Juni weise ich auf das (nicht rechtskräftige) Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 7.4.2011 (Az.: I-27 U 94/10) hin, das in besonders eindringlicher Weise aufzeigt, welche exorbitanten Haftungsrisiken GmbH-Gesellschafter wirklich eingehen, wenn sie persönlich Bürgschaften für Schulden der Gesellschaft übernehmen oder andere Sicherheiten bestellen.

Ich hatte bereits darauf hingewiesen, daß die Gewährung solcher Sicherheiten zur Folge hat, daß der Gläubiger die Gesellschafter bei Insolvenz der GmbH gemäß § 44a InsO vorrangig in Anspruch nehmen muß und daß die daraus resultierenden Regreßansprüche der Gesellschafter gegen die GmbH im Insolvenzverfahren nur nachrangig befriedigt werden. Im praktischen Ergebnis bedeutet dies, daß ein GmbH-Gesellschafter im Falle der Insolvenz seiner GmbH den Betrag übernommener Bürgschaften in voller Höhe nachschießen muß!

Das gilt sogar dann, wenn neben dem Gesellschafter auch die GmbH selbst dem Gläubiger werthaltige Sicherheiten gewährt hat, also auch bei Doppelbesicherung! In dem vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall hatte die GmbH ihrer Bank zur Sicherung von Ansprüchen aus Darlehensverträgen ihre Forderungen gegen Kunden und gegen ihren Kreditversicherer abgetreten. Nur zusätzlich hatte der Gesellschafter drei Bürgschaften im Gesamtbetrag von 548.000,- € übernommen.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH hatte der Insolvenzverwalter die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen eingezogen und der Bank aus dem Erlös einen Betrag von über 453.000,- € überwiesen. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte den Gesellschafter, der GmbH davon einen Teil in Höhe von knapp 344.000,- € zu erstatten.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, haften Gesellschafter, die sich für Verbindlichkeiten ihrer GmbH verbürgen, im Insolvenzfall primär. Ihre Haftung ist also nicht auf den etwaigen Restbetrag beschränkt, der nach Verwertung der von der GmbH selbst bestellten Sicherheiten verbleibt. Seit Inkrafttreten des MoMiG können die Gesellschafter diese Folge nicht einmal mehr dadurch verhindern, daß sie in der Unternehmenskrise sofort einen Insolvenzantrag stellen lassen.

Gesellschafter sollten die Übernahme von Bürgschaften oder die Bestellung von anderen Sicherheiten für Verbindlichkeiten ihrer GmbH deshalb auch dann unter keinen Umständen als „reine Formsache“ abtun, wenn auch die Gesellschaft selbst dem Gläubiger werthaltige Sicherheiten gewährt. Gesellschafter dürfen sich insbesondere von Banken nicht mit dem Argument beschwichtigen lassen, daß sie als Gesellschafter aus der Bürgschaft ja nur hafteten, wenn und soweit die von der Gesellschaft selbst bestellten Sicherheiten im Insolvenzfall nicht ausreichten. Das Gegenteil ist richtig: Erst haften sie, dann die Gesellschaft!

Hieran sollten Gesellschafter schon bei der Gründung einer GmbH denken.

© 2011 Thore Jensen